MEINUNG – Grundschulen in Not! Interview mit den Verantwortlichen der Weiherhof-Grundschule

Die Grundschule ist die erste Schulart, die Kinder besuchen und daher ein wichtiger Schritt in eine Bildungsperspektive. Als Ort des Lernens, Wissens und des Auf- und Ausbaus sozialer Kompetenz erfüllt eine Grundschule eine Schlüsselfunktion in einem Stadtteil wie Herdern: Hier kommen tatsächlich so gut wie alle Kinder in einer Schulform zusammen. 

Wächst in einem Stadtteil – wie in Herdern – die Zahl der Kinder, dann muss eine Grundschule „mitwachsen“. Und genau hier beginnen die Herausforderungen und Probleme. In Herdern steigen seit Jahren die Zahlen der Kinder, leider tut sich aber nichts bei den zuständigen Bildungseinrichtungen, vor allem den Grundschulen. Beide Grundschulen im Viertel, die Weiherhof-Grundschule sowie die Karlschule, sind seit vielen Jahren nicht mehr ausgebaut oder saniert worden. Und dabei müssen die Schulen nicht nur mit stetig steigenden Schülerzahlen bei gleichbleibendem Raumangebot zurecht kommen, sondern seit vielen Jahren auch noch die gar nicht mehr so neuen Betreuungsangebote nach Schulende (Schulkindbetreuung oder SKB) integrieren. Die Schulen sind jedoch konzeptionell und baulich „klassische“ Halbtagsschulen. Das führt zu vielerlei Einschränkungen und (schlechten) Kompromissen – zu Lasten vor allem der Kinder.

An der Weiherhof-Grundschule fehlt es beispielsweise immer öfter und drastischer an Raum. Große Klassen mit 30 Kindern in Räumen, die aus pädagogischen Gesichtspunkten eher 15 bis 20 Kinder beherbergen können, wenig Platz für Spielen und Toben in den Betreuungszeiten vor bzw. nach Ende der Schule. Zusätzlich sind die vorhandenen Flächen und Räume nicht wirklich passend für neue Nutzungsanforderungen durch eine Ganztagsbetreuung. Es ist oft nicht möglich, den Kindern ein bestmögliches Umfeld zu schaffen, sondern lediglich sicher zu stellen, dass so viele Kinder wir möglich Schule und Betreuung besuchen können. 

Und es wird nicht besser, denn der Wunsch nach einem Betreuungsplatz ist heute die Regel und nicht mehr die Ausnahme. Das heißt: Kinder, die in die Betreuung möchten, können nicht aufgenommen werden. Als Kompromiss hat man versucht, die Verteilung der vorhandenen Plätze so zu organisieren, dass beispielsweise durch kürzere Betreuungszeiten oder geänderte Organisation des Mittagessens mehr Kinder einen Platz erhalten konnten. Knapp 90% aller Kinder der Weiherhof-Grundschule sind also derzeit in der SKB angemeldet – und zwar nicht, um den Eltern Freizeit zu ermöglichen, sondern damit sie als Doppelverdiener es sich überhaupt leisten zu können hier zu wohnen. 

Der Druck auf Schule und SKB steigt also weiter, bei gleichzeitigem Raum- und Personalmangel. Alles bekannt, aber Lösungen sind nicht in Sicht – deshalb engagiert sich der BVH und hat mit den Zuständigen für Schule (Rektorin Birgit Ruf), Betreuung (Leiterin SKB Saskia Volz) sowie dem Vorsitzenden des Elternbeirats, Sebastian Kölsch, über die Herausforderungen und Bedürfnisse der Weiherhof-Grundschule gesprochen – hier die Antworten auf die Fragen des BVH:

BVH: Wie sähe eine ideale Grundschule mit SKB heute aus pädagogisch-didaktischorganisatorischer Sicht aus?

Birgit Ruf (R): Für mich ist die ideale Grundschule eine gebundene Ganztagesschule (z.B. mit Nachmittagsunterricht an drei Tagen in der Woche), in der die Interessen und Fähigkeiten jedes Kindes berücksichtigt werden. Um die Kinder kümmern sich multiprofessionelle Teams, die in regelmäßigem Austausch stehen. Wichtig wäre ausreichend Platz sowohl in als auch außerhalb des Schulgebäudes bzw. der Schulgebäude. 

Saskia Volz (V): Umstellung auf Ganztag-Schule/Betreuung: Dabei enger Austausch zwischen Lehrer*innen und pädagogischen Fachkräfte, gemeinsame Besprechungszeit, ausreichend Räume zur Vorbereitung sowie thematische Verknüpfung durch gemeinsame Projekte und mehr Verzahnung.

Sebastian Kölsch (K): Die ideale Grundschule bietet Raum für Kreativität, für Bewegung, für Spiel, Spaß und Lernen. Dabei ermöglicht sie flexible Raumkonzepte die anerkennen, dass Schule heute anders funktionieren kann als 1963, als die Weiherhof-Grundschule in diesen damals neuen Gebäuden startete.

BVH: Was sind die drängendsten Herausforderungen und Probleme an der Weiherhof-Grundschule?

R: Die dringendsten Probleme sind eine ausreichende bzw. optimale Versorgung mit ausgebildetem Personal sowie ausreichend Platz für Schüler/innen und Lehrer/innen. Die Klassenzimmer sind zu klein. Die Flure lassen sich nur bedingt nutzen (Temperatur, Fluchtweg). Es fehlt an Besprechungs- und Rückzugsräumen für Kinder und Erwachsene. Wir brauchen dringend eine Mensa, die den Namen auch verdient. Außerdem muss die Betreuung außerhalb des Unterrichtes ausgebaut werden, personell wie räumlich. 

V: Fehlende Betreuungsplätze aufgrund fehlender Räumlichkeiten und fehlenden Fachkräften sind die drängendsten Probleme aus Sicht der SKB. Zusätzlich ist der Außenbereich (Schulhof) nicht sehr ansprechend und bietet zu wenig Erfahrungsmöglichkeiten für die Kinder. Am Schulfest 2022 hatten Eltern und Kinder die Möglichkeit, anonym Rückmeldungen an die SKB zu geben. Diese waren zum größten Teil positiv. Die Eltern haben vorgeschlagen eine Außengruppe einzuführen, damit dem Raumproblem entgegengewirkt werden kann.

K: Wieviel Platz bietet das Interview…? Vom Land BW wünsche ich mir ausreichend Lehrpersonal, das Neuerungen gerne angeht und tatkräftig und offen für die Kinder das Beste ermöglicht. Aus kommunaler Sicht wünsche ich mir kreative Lösungen, das unglaublich große Raumproblem anzugehen. Wir sprechen hier übrigens nicht nur von Räumen für die Kinder, sondern von Büros ohne Tageslicht, fehlender Dämmung – sowohl akustisch als auch energetisch – und natürlich einer fehlenden Mensa für den Ganztagesbetrieb.

BVH: Was wünschen Sie sich für die Kinder? Was muss besser werden?

R: Ich wünsche mir kleinere Klassen und eine ansprechende Lern- und Spielumgebung für die Kinder. Die Lernumgebung in den Klassenzimmern versuchen wir durch neues und zeitgemäßes Mobiliar optimaler zu gestalten. Hier können wir z.Zt. nur kleinschrittig vorgehen. Beim Pausenhof werden zusätzliche Räume erschlossen, damit die Kinder mehr Möglichkeiten für das freie Spiel haben. Um den Kindern in den sehr heißen Sommern das Spiel im Freien zu ermöglichen, wurden Bäume gepflanzt, die hoffentlich bald ausreichend Schatten geben werden. Außerdem ist eine neue Bewegungslandschaft geplant, die den Kindern weitere Möglichkeiten bieten wird. 

V: Priorität hat die Verbesserung der räumlichen Situation durch mehr Bewegungs-/Tobemöglichkeiten. Auch die Reduzierung der Lautstärke im Mittagsband wäre wichtig, aber ich weiß, dass es schwierig ist, dies in Zeiten knapper Kassen umzusetzen. Die Kinder wünschen sich weniger einschränkende Regeln, wie z.B. leise zu sein, wenn im Nachbarraum noch Unterricht ist.

Wir vom Team der SKB wünschen uns vor allem ein vollständig besetztes Team, also keine vakanten Stellen. Unbesetzte Stellen führen zu mehr Stress im Arbeitsalltag und dazu, dass die Energie der Mitarbeitenden eher in die Organisation des Alltags fließt, als in der Vorbereitung pädagogisch wertvoller Arbeit.

K: Die Kinder sollen sich an der Weiherhof-Grundschule wohlfühlen. Das geht aber nur, wenn sie nicht mit 27 weiteren Kindern in einen Raum gepfercht werden, der eine Schulatmosphäre von 1963 vermittelt. Das geht nur, wenn sie an einer de-facto-Ganztagesschule sind, die den Ganztag auch ermöglicht. Das geht nur, wenn das Schulgelände auch einen anderen Zustand als asphaltiert kennt. Und das geht nur, wenn auch die hier Arbeitenden ein wertschätzendes Arbeitsumfeld vorfinden und daher gerne hier sind. Es ist durchaus frustrierend, manch andere Freiburger Grundschule zu besichtigen; ich stelle mir da manchmal die Frage nach der Bildungsgerechtigkeit… 

Für einen Stadtteil wie Herdern ist es elementar, dass seine Grundschulen den Herausforderungen steigender Schülerzahlen und veränderten Betreuungsanforderungen gewachsen bleiben. Nur wenn ALLE Kinder auch weiterhin die Möglichkeit haben, im Stadtteil zur Grundschule gehen zu können und dort eine gutes, förderndes Umfeld angeboten werden kann, bleibt Herdern zukunftsfähig! 

Der Bürgerverein möchte dafür werben, die Grundschulen im Stadtteil entsprechend den steigenden bzw. geänderten Bedürfnissen baulich schnellstmöglich anzupassen. Dazu muss umgehend über eine Modernisierung wie Erweiterung der vorhandenen Infrastruktur (Gebäude wie Aussenflächen) konkreter nachgedacht werden. Geben Sie dem Thema Grundschule in Herdern eine Stimme und sprechen Sie mit uns und den Zuständigen. Helfen Sie mit, dass Herdern attraktiv für alle bleibt. (MG)

MEINUNG – Der BVH möchte als Plattform für den Austausch zu Themen rund um den Stadtteil dienen. Daher werden unter der Rubrik „MEINUNG“ auf der Homepage Beiträge (mit Namenskürzel Author/In) von BVH-Mitgliedern und Partnern veröffentlicht, die eine Grundlage zum Diskurs darstellen. Der BVH lädt alle Leser ein, Ihre Meinung zum veröffentlichten Thema an uns zu kommunizieren bzw. mit uns ins Gespräch zu kommen – WIR in Herdern!

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